Gewaltfreiheit
Gewaltfreiheit kann als der Dritte Weg (Martin Luther King) zwischen Hinnahme von Unrecht und der Anwendung von Gewalt andererseits verstanden werden. Sie ist sowohl eine innere Haltung als auch eine praktische Verhaltensweise. Es gibt viel Diskussion darum, was Gewaltfreiheit "ist". So werden gewöhnlich zwei Ansätze der Gewaltfreiheit unterschieden, eine "prinzipielle" und eine "pragmatische" Gewaltfreiheit. Beiden gemeinsam ist die Überzeugung, daß Gewaltfreiheit ein effizientes Instrument ist und ein ethisch verantwortbares Mittel für die politische Auseinandersetzung, da es nicht rückgängig zu machende Schäden, vor allem Verluste an Menschenleben zu minimieren sucht. Beide Ansätze teilen weiterhin die Einschätzung, daß Gewaltfreiheit sowohl zu reformerischen wie zu revolutionären Zwecken eingesetzt werden kann und daß sie ein Instrument ist, mit dem sowohl sozialer Wandel vorangetrieben werden kann als auch unerwünschte Veränderungen verhindert werden können. Die prinzipielle Gewaltfreiheit, von Gandhi als Satyagraha, d.h. Festhalten an der Wahrheit, von Luther King als "Kraft zum Lieben", von Wolfgang Sternstein als "Feindesliebe" und Martin Arnold neuerdings als "Gütekraft" bezeichnet, beruft sich gewöhnlich auf ein religiös begründetes Nicht-Tötungsverbot als höchstem Wert. Sie sucht die Gegnerschaft in einem Konflikt in einer gemeinsamen Suche nach einer Konfliktlösung zu transzendieren. Ihre Hauptwirkungsweise wird in der Kraft gesehen, das Gegenüber davon zu überzeugen, daß er Unrecht hat, notfalls dadurch, daß die AktivistInnen eigenes Leiden auf sich nehmen. Die strategisch-pragmatische Orientierung beschränkt sich demgegenüber aud den Verzicht auf direkte tödliche Gewalt, ist aber bereit, Formen des gewaltlosen Zwanges anzuwenden. Der us-amerikanische Friedensforscher Gene Sharp, der ausführlich über Methoden der gewaltfreien Aktion geforscht und geschrieben hat, gilt als der klassische Vertreter dieses Ansatzes.