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+ | Léo Ferré (* 24. August 1916 in Monaco; + 14. Juli 1993 in Castellina) war Anarchist, Poet und einer der bedeutendsten Chansoniers im französischsprachigen Raum. | ||
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+ | Der in Monaco aufgewachsene Ferré hat schon sehr früh, sein Interesse für Musik und Cabaret entwickelt und beginnt seine Karriere als Chansonier im Jahr 1945 in Paris. Edith Piaf hat ihm dazu geraten. Sein Studium an Sciences Po Paris hat er zu diesem Zeitpunkt abgebrochen. Fünf Jahre nach seinem Karrierebeginn in Paris im Cabaret erhält er seinen ersten Plattenvertrag bei einem kommunistisch-orientierten Label - "Le chant du Monde". Zur gleichen Zeit nähert er sich dem Anarchismus an. Ein Zeugnis hierfür ist der Chanson "Graine d'ananar" (1953), welchen er der Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF) widmete. Seine Karriere nimmt ab Mitte der 50er Jahre Fahrt auf. Er beginnt sich auch der Vertonung von Dichtung zu beschäftigen - u.a. mit der von François Villon, Paul Verlaine, Arthur Rimbaud und Guillaume Apollinaire. In den 60er Jahren beginnt er eine Abhandlung über anarchistische Moral ("Traité de Moral Anarchisten") zu verfassen, die er allerdings nie fertiggestellt hat. Das Jahr 1968 bezeichnete einen wichtigen Bruch in seinem Schaffen. Zu seinen Lektüren zählen u.a. [[Proudhon,_Pierre-Joseph|Proudhon]], [[Bakunin]], [[Kropotkin, Pjotr_Alexejewitsch|Kropotkin]] und [[Stirner, Max|Max Stirner]]. Musikalisch setzt er vermehrt Rock- und Poparrangements ein. In den 70er Jahren gründet er einen eigenen Verlag und ist auch noch bis 1992 als Sänger tätig. Seine voranschreitende Krebserkrankung hindert er ihn daran, weiter auf der Bühne zu stehen. Am französischen Nationalfeiertag 1993 verstirbt er. | ||
− | + | Drei Lieder von Ferré sind explizit anarchistisch - "Graine d'ananar" (1952/53), "Ni dieu, ni maître" (1965) und "Les Anarchistes" (1969), welches er den spanischen Anarchisten widmet, - sowie ein Album "Amor et Anarchie" (1972). Sein Verständnis von Anarchismus erläuterte Ferré auch in einem vielzitierten Gespräch mit Jacques Brel, der kurz zuvor [[Bonnot]] in einem Film verkörperte, und [[Georges Brassens]], welches am 6. Januar 1969 erstmalig gesendet wurde ([https://www.youtube.com/watch?v=jgBW59_DX7k Aufnahme des Gesprächs]). Im Jahr 1968 schrieb er auch einen Prosatext unter dem Titel "Introduction à l'anarchie" (nachgedruckt unter dem Titel: "L'anarchie et la formulation politique du désespoir"), der in der Zeitschrift "Le Monde Libertaire" als Editorial erschien. Er diskutiert darin seine Auffassung von Anarchie - ohne Rückgriff auf irgendwelche Klassiker. Michaela Weiss kommt auch in ihrer Dissertation zu dem Schluß: "Die Ferrésche Anarchie konveniert also mit keiner der gängigen Spielarten des Anarchismus." Er war sicherlich sehr individualistisch und zelebrierte die Einsamkeit und das Einzelgängertum gerne in seinen Chansons. Daneben hat er mehrere Konzerte zu Gunsten der Fédération Anarchiste gegeben - ähnlich wie [[Georges Brassens]]. Zu den Konzerten zählt auch das Konzert im Théâtre Libertaire de Paris (TLP), welches 1988 stattfand und auch aufgezeichnet wurde. Das Konzert wurde von der Fédération Anarchiste und Radio Libertaire organisiert. | |
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* Benoît Misère, Robert Laffont Paris 1970. | * Benoît Misère, Robert Laffont Paris 1970. | ||
* Chansons.Fünfunddreißig Chansons (französischer Originaltext mit deutscher Übersetzung), Centre kulturell Français Berlin (Ost) 1986. | * Chansons.Fünfunddreißig Chansons (französischer Originaltext mit deutscher Übersetzung), Centre kulturell Français Berlin (Ost) 1986. |
Aktuelle Version vom 11. Juni 2019, 08:00 Uhr
Lexikon der Anarchie: Personen
Léo Ferré (* 24. August 1916 in Monaco; + 14. Juli 1993 in Castellina) war Anarchist, Poet und einer der bedeutendsten Chansoniers im französischsprachigen Raum.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Werk
Der in Monaco aufgewachsene Ferré hat schon sehr früh, sein Interesse für Musik und Cabaret entwickelt und beginnt seine Karriere als Chansonier im Jahr 1945 in Paris. Edith Piaf hat ihm dazu geraten. Sein Studium an Sciences Po Paris hat er zu diesem Zeitpunkt abgebrochen. Fünf Jahre nach seinem Karrierebeginn in Paris im Cabaret erhält er seinen ersten Plattenvertrag bei einem kommunistisch-orientierten Label - "Le chant du Monde". Zur gleichen Zeit nähert er sich dem Anarchismus an. Ein Zeugnis hierfür ist der Chanson "Graine d'ananar" (1953), welchen er der Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF) widmete. Seine Karriere nimmt ab Mitte der 50er Jahre Fahrt auf. Er beginnt sich auch der Vertonung von Dichtung zu beschäftigen - u.a. mit der von François Villon, Paul Verlaine, Arthur Rimbaud und Guillaume Apollinaire. In den 60er Jahren beginnt er eine Abhandlung über anarchistische Moral ("Traité de Moral Anarchisten") zu verfassen, die er allerdings nie fertiggestellt hat. Das Jahr 1968 bezeichnete einen wichtigen Bruch in seinem Schaffen. Zu seinen Lektüren zählen u.a. Proudhon, Bakunin, Kropotkin und Max Stirner. Musikalisch setzt er vermehrt Rock- und Poparrangements ein. In den 70er Jahren gründet er einen eigenen Verlag und ist auch noch bis 1992 als Sänger tätig. Seine voranschreitende Krebserkrankung hindert er ihn daran, weiter auf der Bühne zu stehen. Am französischen Nationalfeiertag 1993 verstirbt er.
Drei Lieder von Ferré sind explizit anarchistisch - "Graine d'ananar" (1952/53), "Ni dieu, ni maître" (1965) und "Les Anarchistes" (1969), welches er den spanischen Anarchisten widmet, - sowie ein Album "Amor et Anarchie" (1972). Sein Verständnis von Anarchismus erläuterte Ferré auch in einem vielzitierten Gespräch mit Jacques Brel, der kurz zuvor Bonnot in einem Film verkörperte, und Georges Brassens, welches am 6. Januar 1969 erstmalig gesendet wurde (Aufnahme des Gesprächs). Im Jahr 1968 schrieb er auch einen Prosatext unter dem Titel "Introduction à l'anarchie" (nachgedruckt unter dem Titel: "L'anarchie et la formulation politique du désespoir"), der in der Zeitschrift "Le Monde Libertaire" als Editorial erschien. Er diskutiert darin seine Auffassung von Anarchie - ohne Rückgriff auf irgendwelche Klassiker. Michaela Weiss kommt auch in ihrer Dissertation zu dem Schluß: "Die Ferrésche Anarchie konveniert also mit keiner der gängigen Spielarten des Anarchismus." Er war sicherlich sehr individualistisch und zelebrierte die Einsamkeit und das Einzelgängertum gerne in seinen Chansons. Daneben hat er mehrere Konzerte zu Gunsten der Fédération Anarchiste gegeben - ähnlich wie Georges Brassens. Zu den Konzerten zählt auch das Konzert im Théâtre Libertaire de Paris (TLP), welches 1988 stattfand und auch aufgezeichnet wurde. Das Konzert wurde von der Fédération Anarchiste und Radio Libertaire organisiert.
Neben anarchistischen Themen greift er auch Themen wie freie Liebe auf ("Faires l'amour").
Für die anarchistische Bewegung ist er als Unterstützer und kulturelles Aushängeschild von großer Bedeutung.
Anarchistische und libertäre Lieder von Léo Ferré (Auswahl)
Alben (Auswahl)
- 1958: Léo Ferré à Bobino (live)
- 1969: L'Été 68
- 1971: La solitude
- 1988: Léo Ferré en public au TLP Déjazet
Quellen (Auswahl)
- Intorduction à l'anarchie (wiederveröffentlicht unter: L'anarchie et la formulation politique du désespoir), in: Le Monde Libertaire Paris 1968.
- Benoît Misère, Robert Laffont Paris 1970.
- Chansons.Fünfunddreißig Chansons (französischer Originaltext mit deutscher Übersetzung), Centre kulturell Français Berlin (Ost) 1986.
- Poète...vos papiers!, La Table Ronde Saint-Amand 1956.
Literatur (Auswahl)
- Estienne, Charles: Léo Ferré. Poésie et chansons, Seghers Paris 1962.
- Leroy, Max: Les Orages libertaires. Politique de Léo Ferré, Atelier de Création Libertaire Lyon 2018.
- Valade; Yann: Léo Ferré, Les Belles Lettres Paris 2008.
- Weiss, Michaela: Das authentisch Dreiminutenkunstwerk. Léo Ferré und Jacques Brel - Chanson zwischen Poesie und Engagement, Universitätsverlag Winter Heidelberg 2003. (Zugl. Univ.-Diss.).
Filme und Dokumentationen (Auswahl)
- Léo Ferré - Chansonnier und Anarchist (F 2014, R.: Jorge Amat) (ARTE-Dokumentation)
Website
Autor: Maurice Schuhmann
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