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Ein Interview mit Noam Chomsky zur Corona-Krise: Unterschied zwischen den Versionen

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Diese Leute haben den ganzen Tag ''Fox News''<ref name="ftn13">Der seit 1996 bestehende TV-Sender Fox News Channel (kurz: Fox News) ist der meistgesehene Nachrichtensender in den USA. Der Präsident Trump nahestehende Sender ist das Sprachrohr der rechten Populisten in den USA. Was Fox News berichtet, hat einen großen politischen Einfluss, weil eine Mehrheit der konservativ-rechtsgerichteten Bevölkerung ihre Informationen über diesen Sender bezieht und ihm auch am meisten vertraut.''</ref> zu laufen. Das ist der Echoraum, in dem sie sich befinden. Wenn man sich das aus dem Weltraum anschauen und nicht selber darunter leiden würde, dann denkt man doch: Was ist denn da los? Dieser Verrückte im Weißen Haus kommt raus und sagt, was auch immer er sagen will. Am nächsten Tag sagt er das genaue Gegenteil. Das wird dann mit Inbrunst im Echoraum von ''Fox News'' wiederholt. Am nächsten Tag sagt er das Gegenteil, es geschieht das Gleiche. In der Zwischenzeit schaut er sich jeden Morgen ''Fox News ''an, um herauszufinden, was er sagen soll. Es ist seine Quelle für Nachrichten und Informationen. Und dann gibt es da noch die intelligenten Typen wie Mike Pompeo, der sagt: „Gott schickte Trump auf die Erde, um Israel vor dem Iran zu retten.“ Das ist der besonnene Typ. Es ist ein ironischer Gag, der hier aufgeführt wird. Nehmen wir mal an, es gibt einen Gott, wer weiß, vielleicht. Wenn ja, dann hat er beschlossen, dass er am sechsten Tag einen schlimmen Fehler gemacht hat, und er beendet ihn jetzt mit Humor. Schaut einfach zu, wie diese Menschen sich selbst zerstören. So ist das.
 
Diese Leute haben den ganzen Tag ''Fox News''<ref name="ftn13">Der seit 1996 bestehende TV-Sender Fox News Channel (kurz: Fox News) ist der meistgesehene Nachrichtensender in den USA. Der Präsident Trump nahestehende Sender ist das Sprachrohr der rechten Populisten in den USA. Was Fox News berichtet, hat einen großen politischen Einfluss, weil eine Mehrheit der konservativ-rechtsgerichteten Bevölkerung ihre Informationen über diesen Sender bezieht und ihm auch am meisten vertraut.''</ref> zu laufen. Das ist der Echoraum, in dem sie sich befinden. Wenn man sich das aus dem Weltraum anschauen und nicht selber darunter leiden würde, dann denkt man doch: Was ist denn da los? Dieser Verrückte im Weißen Haus kommt raus und sagt, was auch immer er sagen will. Am nächsten Tag sagt er das genaue Gegenteil. Das wird dann mit Inbrunst im Echoraum von ''Fox News'' wiederholt. Am nächsten Tag sagt er das Gegenteil, es geschieht das Gleiche. In der Zwischenzeit schaut er sich jeden Morgen ''Fox News ''an, um herauszufinden, was er sagen soll. Es ist seine Quelle für Nachrichten und Informationen. Und dann gibt es da noch die intelligenten Typen wie Mike Pompeo, der sagt: „Gott schickte Trump auf die Erde, um Israel vor dem Iran zu retten.“ Das ist der besonnene Typ. Es ist ein ironischer Gag, der hier aufgeführt wird. Nehmen wir mal an, es gibt einen Gott, wer weiß, vielleicht. Wenn ja, dann hat er beschlossen, dass er am sechsten Tag einen schlimmen Fehler gemacht hat, und er beendet ihn jetzt mit Humor. Schaut einfach zu, wie diese Menschen sich selbst zerstören. So ist das.
  
''Besteht die Chance, dass die Vereinigten Staaten eine Kultur der Solidarität und eine Arbeitsmarktpolitik entwickeln könnten, wie das in Großbritannien nach dem Zweiten Weltkrieg geschehen ist, die zu so etwas wie dem National Health Service (NHS)<ref name="ftn14">''Der National Health Service (NHS; deutsch: Nationaler Gesundheitsdienst) ist das staatlich betriebene Gesundheitssystem in Großbritannien und Nordirland, das für die medizinische Versorgung von 65,5 Millionen Menschen zuständig ist. Der 1948 von der Labour-Regierung unter Premierminister Clement Attlee gegründete Gesundheitsdienst garantiert jeder in Großbritannien wohnhaften Person die gebührenfreie medizinische Versorgung im primären (Hausarzt) und sekundären Bereich (Krankenhäuser).''</ref> führen könnte, der all diese Marktdefizite berücksichtigt und die Ineffizienzen und Komplikationen anerkennt, die entstehen, wenn man miteinander konkurriert anstatt Ressourcen zu koordinieren? Ist es für die Vereinigten Staaten möglich, sich in diese Richtung zu bewegen?''
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''Besteht die Chance, dass die Vereinigten Staaten eine Kultur der Solidarität und eine Arbeitsmarktpolitik entwickeln könnten, wie das in Großbritannien nach dem Zweiten Weltkrieg geschehen ist, die zu so etwas wie dem National Health Service (NHS)''<ref name="ftn14">Der National Health Service (NHS; deutsch: Nationaler Gesundheitsdienst) ist das staatlich betriebene Gesundheitssystem in Großbritannien und Nordirland, das für die medizinische Versorgung von 65,5 Millionen Menschen zuständig ist. Der 1948 von der Labour-Regierung unter Premierminister Clement Attlee gegründete Gesundheitsdienst garantiert jeder in Großbritannien wohnhaften Person die gebührenfreie medizinische Versorgung im primären (Hausarzt) und sekundären Bereich (Krankenhäuser).''</ref> führen könnte, der all diese Marktdefizite berücksichtigt und die Ineffizienzen und Komplikationen anerkennt, die entstehen, wenn man miteinander konkurriert anstatt Ressourcen zu koordinieren? Ist es für die Vereinigten Staaten möglich, sich in diese Richtung zu bewegen?''
  
 
Sicher, wir haben es ja schon einmal getan. Ich habe die Zeit der Wirtschaftsdepression durchlebt. Deshalb habe ich auch diesen langen weißen Bart. Aber in den 1920er Jahren wurde die Arbeiterbewegung völlig zerschlagen. Werfen Sie einen Blick auf David Montgomery, einen Historiker der Arbeiterbewegung, eines seiner großen Bücher ist ''The Fall of the House of Labor<ref name="ftn15">''David Montgomery: The Fall of the House of Labor: The Workplace, the State, and American Labor Activism, 1865–1925, New York: Cambridge University Press, 1987.''</ref>. Er spricht darin über die 20er Jahre. Damals wurde die Arbeiterbewegung von der liberalen Regierung unter [Präsident Woodrow] Wilson zerschlagen, die Periode des ''Red Scare<ref name="ftn16">''Der Periode des „Rote Schreckens“ war eine Phase in der Geschichte der Vereinigten Staaten zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die durch eine in weiten Teilen der amerikanischen Bevölkerung verbreitete Furcht vor Bolschewismus und Anarchismus gekennzeichnet war. Zu den realen historischen Ereignissen, die mit zu dieser Furcht beigetragen haben, gehörten die Russische Revolution, aber auch von Anarchisten verübte Attentate.''</ref> und all das, was ihr folgte. Doch in den 30er Jahren ging es wieder los. Der CIO<ref name="ftn17">Der CIO ''(Congress of Industrial Organizations)'' war ein Gewerkschaftsbund, der überwiegend die ungelernte Industriearbeiterschaft in Nordamerika organisierte. Der CIO, der Mitglieder vor allem in den USA und Kanada hatte, übte seinen stärksten Einfluss während der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre mit ihren großen Streiks aus.</ref> organisierte Sitzstreiks. Große Bedrohung für das Management, Sitzstreik, die Arbeiter sitzen dort und stehen nicht auf. Das Nächste, was sie zu hören bekommen, ist: „Wir brauchen die Bosse nicht. Wir können den Laden selber führen.“ Und das war’s dann gewesen. Es ist ein sehr zerbrechliches System. Nun, und das führte zu Reaktionen. Es gab zufällig eine wohlwollende Administration, was kritisch ist. Erik Loomis, ein sehr guter Historiker der Arbeiterbewegung, hat Fall für Fall dieser Entwicklung untersucht, und er zeigt auf, dass die Momente, in denen es positive Veränderungen gegeben hat, fast immer von einer aktiven Arbeiterbewegung geprägt wurden und dass diese auch nur dann erfolgreich war, wenn es eine relativ verständnisvolle Administration gegeben hat, zumindest eine tolerante.
 
Sicher, wir haben es ja schon einmal getan. Ich habe die Zeit der Wirtschaftsdepression durchlebt. Deshalb habe ich auch diesen langen weißen Bart. Aber in den 1920er Jahren wurde die Arbeiterbewegung völlig zerschlagen. Werfen Sie einen Blick auf David Montgomery, einen Historiker der Arbeiterbewegung, eines seiner großen Bücher ist ''The Fall of the House of Labor<ref name="ftn15">''David Montgomery: The Fall of the House of Labor: The Workplace, the State, and American Labor Activism, 1865–1925, New York: Cambridge University Press, 1987.''</ref>. Er spricht darin über die 20er Jahre. Damals wurde die Arbeiterbewegung von der liberalen Regierung unter [Präsident Woodrow] Wilson zerschlagen, die Periode des ''Red Scare<ref name="ftn16">''Der Periode des „Rote Schreckens“ war eine Phase in der Geschichte der Vereinigten Staaten zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die durch eine in weiten Teilen der amerikanischen Bevölkerung verbreitete Furcht vor Bolschewismus und Anarchismus gekennzeichnet war. Zu den realen historischen Ereignissen, die mit zu dieser Furcht beigetragen haben, gehörten die Russische Revolution, aber auch von Anarchisten verübte Attentate.''</ref> und all das, was ihr folgte. Doch in den 30er Jahren ging es wieder los. Der CIO<ref name="ftn17">Der CIO ''(Congress of Industrial Organizations)'' war ein Gewerkschaftsbund, der überwiegend die ungelernte Industriearbeiterschaft in Nordamerika organisierte. Der CIO, der Mitglieder vor allem in den USA und Kanada hatte, übte seinen stärksten Einfluss während der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre mit ihren großen Streiks aus.</ref> organisierte Sitzstreiks. Große Bedrohung für das Management, Sitzstreik, die Arbeiter sitzen dort und stehen nicht auf. Das Nächste, was sie zu hören bekommen, ist: „Wir brauchen die Bosse nicht. Wir können den Laden selber führen.“ Und das war’s dann gewesen. Es ist ein sehr zerbrechliches System. Nun, und das führte zu Reaktionen. Es gab zufällig eine wohlwollende Administration, was kritisch ist. Erik Loomis, ein sehr guter Historiker der Arbeiterbewegung, hat Fall für Fall dieser Entwicklung untersucht, und er zeigt auf, dass die Momente, in denen es positive Veränderungen gegeben hat, fast immer von einer aktiven Arbeiterbewegung geprägt wurden und dass diese auch nur dann erfolgreich war, wenn es eine relativ verständnisvolle Administration gegeben hat, zumindest eine tolerante.

Version vom 8. Mai 2020, 23:34 Uhr

Vorabveröffentlichung aus espero - Libertäre Zeitschrift; Nr. 2 (Dezember 2020) | s.a. Call for Papers: Die Corona-Krise und die Anarchie

Wie die Bosse dazu beitragen, dass sich die Coronakrise verschlimmert, während sie selbst davon profitieren
Ein Interview mit Noam Chomsky

Der international bekannte Sprachwissenschaftler und libertäre Sozialist Noam Chomsky.

Avram Noam Chomsky (geb. 7. Dezember 1928 in Philadelphia, Pennsylvania, USA) ist emeritierter Professor für Linguistik am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Neben seiner Arbeit als Sprachwissenschaftler betätigte sich Chomsky als Theoretiker einer libertären Transformation der Gesellschaft. Er bezeichnet sich selbst als libertären Sozialisten mit Sympathien für den Anarchosyndikalismus, und er ist Mitglied der Industrial Workers of the World (IWW). Chomsky gilt als einer der bedeutendsten Intellektuellen der politischen Linken in den USA und ist seit dem Vietnamkrieg als scharfer Kritiker der US-amerikanischen Außen- und Wirtschaftspolitik international bekannt. Nach Angaben des Arts and Humanities Citation Index von 1992 ist Chomsky im Zeitraum zwischen 1980 und 1992 die am häufigsten zitierte lebende Person der Welt gewesen.

Das Interview mit Noam Chomsky führte Chris Brooks, ein Mitarbeiter von Labor Notes, am 13. April 2020. Labor Note's ist eine seit 1979 bestehende gemeinnützige Organisation und ein Netzwerk für einfache Gewerkschaftsmitglieder und Gewerkschaftsaktivisten in den USA, die sich für eine Wiederbelebung der Arbeiterbewegung durch Social Movement Unionism und Gewerkschaftsdemokratie einsetzen. Die gleichnamige Zeitschrift, in der auch das Interview mit Noam Chomsky erschienen ist, veröffentlicht News und Analysen zu Arbeitskämpfen und anderen Aktivitäten der organisierten Arbeiterbewegung.


Labor Notes: Professor Chomsky, vielen Dank für Deine Bereitschaft, mit mir zu sprechen. Ich weiß, dass Du ständig mit Interviewanfragen überschüttet wirst. Deshalb danke ich Dir im Namen von Labor Notes, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview genommen hast.

Chomsky: Freut mich.

Also, ich wollte erst einmal Deine grundsätzlichen Ansichten zu der einzigartigen Situation erfahren, in der wir uns gerade befinden. Offensichtlich befinden wir uns sowohl inmitten einer globalen Pandemie als auch in einer globalen Rezession, und im Augenblick sind Millionen von Menschen in den Vereinigten Staaten sowohl arbeitslos als auch nicht krankenversichert, während unser Gesundheitssystem überlastet ist und nicht annähernd so viele Krankenhausbetten und Beatmungsgeräte und persönliche Schutzausrüstungen zur Verfügung hat, wie wir benötigen. Und ich weiß, dass wir eine halbe Stunde allein mit dieser Frage verbringen könnten. Aber vielleicht kannst Du uns helfen, die gegenwärtige Situation, in der wir uns gerade befinden, und die politischen Weichenstellungen, die uns hierher geführt haben, in groben Umrissen zu verstehen.

Erst einmal sollten wir erkennen, dass diese Pandemie, wenn wir nicht zu ihren Wurzeln vordringen, wiederkehren wird, wahrscheinlich in noch schlimmerer Form, einfach wegen der Machenschaften des kapitalistischen Systems, die darauf abzielen, zu ihren Gunsten Umstände zu schaffen, unter denen es noch schlimmer kommen wird. Wir können das am Konjunkturprogramm und vielen anderen Dingen sehen.

Zweitens werden wir uns jetzt aufgrund der fortschreitenden globalen Klimaerwärmung, die all dies noch zusätzlich überschattet, nur mit erheblichen Kosten davon erholen. Wir werden uns nicht von dem anhaltenden Abschmelzen der polaren Eisschilde erholen. Und wenn Du verstehen willst, wie das heutige Kapital dies sieht, dann schau Dir das Haushaltsbudget von Trump an. Es ist richtig, dass dies ein pathologisches Extrem der normalen kapitalistischen Systeme darstellt, und vielleicht ist es nicht fair, dies als Beispiel zu nehmen, aber wir müssen mit diesem System jetzt leben.

Am 10. Februar, also während die Epidemie bereits grassierte und sich zunehmend verschlimmerte, präsentierte Trump seine Haushaltsvorschläge. Und wie lauteten sie? Erstens: Die weitere Kürzung des Etats derjenigen Regierungseinrichtungen, die dem Gesundheitswesen zugeordnet werden. Während seiner gesamten Amtszeit hat er bei der Finanzierung von allem, was nicht der privaten Macht und dem privaten Reichtum, der Macht der Konzerne, zugutekommt, Kürzungen vorgenommen. So wurden all die Bereiche der Regierung, die man dem Gesundheitswesen zuordnen kann, finanziell heruntergefahren. Er brachte damit Programme und alles Mögliche zum Erliegen.

Doch machen wir weiter mit dem 10. Februar. Die Centers for Disease Control[1] und andere Regierungseinrichtungen, die mit dem Gesundheitswesen beschäftigt sind, müssen weitere Kürzungen hinnehmen. Aber es gab auch Ausgleichszahlungen zur Erhöhung des Budgets für die fossile Brennstoffindustrie, mehr Subventionen für die Industrie der fossilen Brennstoffe! Lasst uns also jetzt nicht nur so viele Menschen wie möglich töten, sondern lasst uns auch versuchen, die gesamte Gesellschaft zu zerstören. Das ist im Grunde das, worauf es hinausläuft. Aber natürlich gibt es mehr Mittel für das Militär und für seine berühmte Mauer.

Dies beides verdeutlicht zweifellos den kriminellen Charakter, der in erster Linie endemisch ist, jedoch vom soziopathischen Weißen Haus auch noch hervorgehoben wird. Das bringt es radikal zum Vorschein. Aber natürlich kann Trump nicht für all dies verantwortlich gemacht werden. Diese Entwicklung reicht weiter zurück, und darüber sollten wir besser nachdenken.

Nach der SARS-Epidemie im Jahr 2003, bei der es sich ebenfalls um ein Coronavirus handelte, war den Wissenschaftlern klar, dass es zu weiteren, wahrscheinlich schwerwiegenderen Ausbrüchen des einen oder anderen Coronavirus kommen würde. Nun, Verständnis allein reicht nicht aus. Jemand muss auch den Ball aufheben und mit ihm loslaufen. Da gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine sind die Pharmakonzerne, aber sie folgen einer normalen, kapitalistischen Logik. Sie tun das, was morgen Profit bringt. Sie machen sich keine Sorgen darüber, dass in ein paar Jahren alles zusammenbrechen könnte. Das ist nicht ihr Problem. Die Pharmakonzerne haben also im Grunde nichts getan. Es gab Dinge, die getan werden konnten. Es waren viele Informationen im Umlauf. Die Wissenschaftler wussten, was zu tun war. Es hätte Vorbereitungen geben können. Irgendeiner muss dafür bezahlen. Nicht die Arzneimittelfirmen. Nun, in einer rationalen Welt, sogar in einer kapitalistischen Welt vor Ronald Reagan, hätte die Regierung eingreifen und es tun können.

Auf diese Weise wurde die Kinderlähmung durch ein von der Regierung initiiertes und finanziertes Programm weitgehend ausgerottet. Als Jonas Salk den Polioimpfstoff gegen Kinderlähmung entdeckte, bestand er darauf, dass es darauf keine Patente geben dürfe. Er sagte: „Er muss öffentlich sein, genau wie die Sonne.“ Das ist zwar immer noch Kapitalismus, aber es ist ein reglementierter Kapitalismus. Das wurde mit einem Schlag von Ronald Reagan beendet. Die Regierung ist das Problem, sie ist nicht die Lösung. Lasst uns die Steuerparadiese legalisieren. Lasst uns Aktienrückkäufe legalisieren, die die Öffentlichkeit zig Billionen von Dollar kosten, und zwar durch reinen Raub.

Die Regierung ist die Lösung, wenn der private Sektor in Schwierigkeiten ist, das ist klar. Aber wenn es nur darum geht, dass die Öffentlichkeit etwas braucht, ist die Regierung nicht die Lösung. Seit 2003 konnte die Regierung also nicht mehr intervenieren. In der Tat hat sie in nur sehr geringem Maße interveniert, und es ist sehr aufschlussreich zu sehen, was passiert ist. Obama hat nach der Ebola-Krise erkannt, dass es Probleme gibt. Wir müssen etwas tun.

Obama hat dann mehrere Maßnahmen ergriffen. Eine davon war der Versuch, Beatmungsgeräte zu beschaffen. Beatmungsgeräte sind im Moment der große Engpass im System und der Grund, weshalb Krankenschwestern gezwungen sind zu entscheiden, wen sie morgen töten. Es gibt nicht genug davon. Aber die Obama-Regierung hatte Verträge zur Entwicklung von qualitativ hochwertigen, kostengünstigen Beatmungsgeräten abgeschlossen. Doch die Firma wurde schnell von einer größeren Firma aufgekauft, die das Projekt beiseiteschob – denn es konkurrierte mit ihren eigenen teuren Beatmungsgeräten –, und sie wandte sich dann an die Regierung und sagte, sie wolle sich aus dem Vertrag zurückziehen, es sei nicht rentabel genug.

Das ist wilder Kapitalismus. Nicht nur Kapitalismus, sondern neoliberaler Kapitalismus. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Im Januar und Februar dieses Jahres klopften die US-Geheimdienste an die Tür des Weißen Hauses und sagten: „Hey, es gibt eine echte Krise. Tun Sie etwas!“ Doch das ging nicht. Stattdessen tat die Trump-Administration etwas anderes, nämlich Beatmungsgeräte nach China und in andere Länder zu exportieren, um die Handelsbilanz zu verbessern. So ging das bis in den März hinein.

Jetzt bringen die gleichen Hersteller und Reedereien, die die Beatmungsgeräte exportiert haben, sie wieder zurück, und streichen den doppelten Gewinn ein. Damit müssen wir leben, und so kann es durchaus weitergehen. Wenn man also auf das Ganze zurückblickt, dann muss man feststellen, dass am Anfang ein kolossales Versagen des Marktes steht. Die Märkte funktionieren einfach nicht. Beim Verkauf von Schuhen kann das manchmal noch funktionieren, aber wenn etwas Wichtiges geschieht, dann ist das nicht ihr Business. Du musst so handeln, wie das Milton Friedman[2] und andere aufgezeigt haben: einfach aus Gier. Man tut Dinge für sein eigenes Wohlergehen, seinen eigenen Reichtum, und für nichts anderes. Das ist die einprogrammierte Katastrophe. Wir haben so viele Beispiele dafür gehabt, dass ich nicht im Einzelnen darauf eingehen muss. Am Anfang steht also das Versagen des Markes. Dann kommt der zusätzliche Hammerschlag des wilden Kapitalismus, der Neoliberalismus, unter dem wir seit 40 Jahren in der ganzen Welt leiden. Das geht über das Problem der Beatmungsgeräte hinaus.

Die Krankenhäuser in den Vereinigten Staaten müssen nach einem Geschäftsmodell betrieben werden. Folglich gibt es keine ungenutzten Kapazitäten. Das funktioniert nicht einmal in normalen Zeiten. Und viele Menschen, mich eingeschlossen, können das von den besten Krankenhäusern bezeugen. Aber es funktioniert dann doch irgendwie. Aber wenn etwas schiefgeht, ist man verloren. Pech gehabt. Vielleicht ist ein solches System für den Automobilbau in Ordnung. Aber für das Gesundheitswesen funktioniert es nicht. Unser gesamtes Gesundheitssystem ist international betrachtet ein Skandal. Aber das Geschäftsmodell macht es natürlich zu einer vorprogrammierten Katastrophe. So ist das also.

Und da gibt es noch anderen Dinge, die passiert sind, die einfach zu surreal sind, um sie zu diskutieren. So hatte die USAID[3] ein Programm aufgelegt, ein sehr erfolgreiches Programm, das Viren aufspürte, die sich in Tier-Populationen befinden, in Wildtier-Populationen, die aufgrund der Zerstörung ihres Lebensraums und der globalen Klimaerwärmung dem Menschen immer näherkommen. Dabei identifizierten sie also Tausende potenzieller Krankheitsviren und arbeiteten auch in China. Doch Trump löste das Programm auf. Erst hatte er ihnen die Mittel gekürzt, aber dann löste er das Programm mit exquisitem Timing im Oktober vollständig auf.

Ich könnte noch weiter und weiter damit fortfahren. Das ist das Bild, das man bekommt. Ein Haufen sadistischer Soziopathen im Weißen Haus, die die schweren Versäumnisse des Marktes verschlimmern, Versäumnisse, die noch viel weiter zurückreichen. Und nun wird alles nur noch mehr verschlimmert. Die Reichen warten nicht darauf zu erfahren, wie man die neue Welt aufbauen könnte. Sie sind schon damit beschäftigt sicherzustellen, dass das auf die richtige Art und Weise geschieht. Also weitere Subventionen für fossile Brennstoffe, die Zerstörung von EPA-Regelungen[4], die Menschen retten könnten, aber den Profiten schaden, das alles spielt sich direkt vor unseren Augen ab, und es stellt sich die Frage, ob es Gegenkräfte geben wird. Wenn nicht . . .

Bevor wir mit unserer Diskussion fortfahren und uns vielleicht auch mit den populären Bewegungen beschäftigen und der Frage, wie man, was das Versagen des Marktes angeht, Widerstand leisten und zurückschlagen könnte, so scheinen sich diese Kräfte auch mit dem Erbe des institutionellen Rassismus in den Vereinigten Staaten zu verbinden, denn wie unverkennbar ist, findet dies seinen Ausdruck in den unverhältnismäßig starken Auswirkungen der Coronavirus-Krise in den schwarzen Gemeinden. Wie lässt sich das Deiner Ansicht nach verstehen?

Sklavenauktion in den USA 1853. Familien wurden gewaltsam auseinandergerissen und haben sich vermutlich nie mehr wiedergesehen.

Wir können das verstehen, wenn wir vier Jahrhunderte zurückgehen, bis zu der Zeit, als die ersten Sklaven eingeführt wurden. Ich möchte nicht die ganze Geschichte durchlaufen müssen, aber das brutalste System der Sklaverei, das es in der Geschichte der Menschheit gegeben hat, hat – zu einem großen Teil – die Grundlage für den Wohlstand in den USA gebildet.

Baumwolle war das Öl des 18. und 19. Jahrhunderts. Man musste billig Baumwolle bekommen. Die bekommt man nicht, wenn man die Regeln befolgt, die sie einem in der Wirtschaftsfakultät beibringen. Man bekommt sie durch schändliche, brutale Sklaverei. Dies war für einen Großteil des 19. Jahrhunderts die Grundlage für die Produktion, die Textilherstellung, das Finanzwesen, den Handel und natürlich den Einzelhandel. Nun, schließlich wurde die Sklaverei in der Reconstruction-Ära[5] für etwa zehn Jahre formell beendet. Dann gab es ein Abkommen mit dem Süden, dass sie genau so weitermachen konnten, wie sie es vorher gemacht hatten. Eines der besten Bücher, das sich mit diesem Thema beschäftigt, ist das Buch Slavery by Another Name[6]. Es wurden Maßnahmen ergriffen, um die schwarze Bevölkerung faktisch zu kriminalisieren. Der Schwarze, der an einer Straßenecke steht, der wird wegen Landstreicherei bestraft. Er kann die Strafe nicht bezahlen. Okay, dann ab mit Dir in die Chain Gang [7].

Das Endergebnis war diese große industrielle Revolution des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die weitgehend darauf aufbaute, dass man sie nicht mehr als Sklaverei bezeichnete, sondern die darauf basierte, dass die schwarze Bevölkerung zum Staatseigentum geworden war. Das ist viel besser als Sklaverei. Wenn man Sklaven hat, muss man sie am Leben erhalten. Wenn man sie ins Gefängnis steckt, muss die Regierung sie am Leben erhalten. Man bekommt sie nur dann, wenn man sie braucht, und muss sich nicht mit Fragen der mangelnden Disziplin oder mit Protesten oder irgendetwas in der Art beschäftigen. So wurde das fast bis zum Zweiten Weltkrieg gehandhabt. Damals gab es noch Arbeitsplätze. Die Menschen mussten arbeiten.

Aber dann kamen neue Formen der Zwangsversklavung auf. Bis in die späten 1960er Jahre verlangten die Federal Housing-Gesetze die Rassentrennung. In den 50er Jahren gab es eine Vielzahl staatlich geförderter Wohnungsbaumaßnahmen. So was wie die Levittowns[8] und Ähnliches, die aber für Weiße und nicht für Schwarze bestimmt waren. Liberale Senatoren stimmten dafür, aber sie hassten es, dennoch stimmten sie dafür, weil es keine andere Möglichkeit gab, um die Sozialwohnungen durchzusetzen.

Bis in die 60er Jahre gab es in den Vereinigten Staaten Gesetze gegen die Rassenvermischung, die so streng waren, dass selbst Nazis sich weigerten, sie zu akzeptieren. Dann nahmen sie andere Formen an. Der Oberste Gerichtshof hat im Wesentlichen nur das getan, was die Regierung am Ende der Reconstruction-Ära getan hat, nämlich den Südstaaten zu sagen: Ihr könnt tun, was ihr wollt. Sie haben das Stimmrechtsgesetz abgeschafft. Wir haben das erst vor ein paar Tagen in Wisconsin gesehen. Es ist unglaublich. Wenn Sie sehen wollen, wie die Demokratie einfach zerschlagen wird, dann schauen Sie sich an, was vor zwei Tagen in Wisconsin passiert ist.

Der Gouverneur, ein demokratischer Gouverneur, wollte vernünftigerweise die Vorwahlen verschieben und die Frist für die Briefwahl verlängern. Ich meine, nichts könnte zurzeit mehr Sinn machen. Doch da gibt es die von den Republikanern dominierte Legislative, die zwar nur über eine kleine Minorität an Stimmen verfügte, aber durch Wahlmanipulation die größte Anzahl von Sitzen in der Legislative erhielt. Sie beriefen eine Sitzung ein. Ich glaube, die Republikaner haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, zu dieser Sitzung zu erscheinen. Der Mehrheitsführer berief einfach die Sitzung ein und beendete sie gleich wieder. Dadurch wurde der Vorschlag des Gouverneurs, der vom Obersten Gerichtshof unterstützt wurde, nicht berücksichtigt.

Damit soll sichergestellt werden, dass die armen Minderheitswähler, d.h. Menschen, die nicht ohne weiteres an die Wahlurnen kommen, zumeist Demokraten, nicht wählen würden. Die Reichen, die traditionelle Basis derer, die all dies erreicht haben, die wählen natürlich. Das ist ein offener, nicht einmal kaschierter Versuch, um sicherzustellen, dass, egal was die Öffentlichkeit verlangt, die reaktionärste Politik auf Dauer beibehalten wird.

Mitch McConnell [der Mehrheitsführer im Senat] ist das finstere Genie, das hinter diesem Versuch steckt, und er hat das auch exzellent hinbekommen. Sieh zu, dass die Richterschaft mit jungen, meist unqualifizierten, ultra-reaktionären Richtern vollgestopft wird. Das stellt sicher, dass was immer die Bevölkerung in Zukunft haben will, sie in der Lage sein werden, es zu beseitigen. Genau wie der Roberts-Gerichtshof[9] ist die Mehrheit jetzt in der Lage, es zu tun. Die Republikaner wissen, dass sie eine Minderheitspartei sind. Es gibt keine Möglichkeit, Stimmen für ihre eigentlichen Programme zu erhalten. Deshalb müssen sie sich auf so genannte kulturelle Fragen berufen – Waffenrechte, Abtreibung und so weiter – und nicht auf ihre eigentliche Politik, die darauf ausgerichtet ist, die Taschen der Reichen zu füllen. Das ist ihre eigentliche Politik. In dieser Hinsicht ist Trump ein Genie, das man bewundern muss. So sagt er einerseits: „Ich bin dein Retter, ich setze mich für den armen Arbeiter ein“, um auf der anderen Seite genau diesem in den Rücken zu fallen. Das ist schon ziemlich beeindruckend. Er ist mit Sicherheit der erfolgreichste Hochstapler, den es in der amerikanischen Geschichte je gegeben hat.

Ich nehme an, dass dieses System irgendwann einmal explodieren wird, aber bislang gelang es ihm, sich selbst zu behaupten. Sie bemühen sich sehr, alle Bestandteile der Demokratie abzubauen. Es gibt anderswo entsprechende Muster. So macht [Ministerpräsident Viktor] Orbán, einer ihrer großen Freunde in Ungarn, genau dasselbe in seinem Land. In der Tat ist das ziemlich interessant, doch es ist nicht einfach, in dem von dem Weißen Haus angerichteten Chaos eine kohärente geopolitische Strategie zu erkennen. Doch es gibt eine, die ganz deutlich zu erkennen ist: Lasst uns eine Internationale der reaktionärsten Staaten der Welt schaffen, und diese soll dann die Basis für die Macht der USA sein.

Dazu gehören auch [Präsident Abdel Fattah el-] Sisi in Ägypten, der schlimmste Tyrann in der Geschichte Ägyptens, der Familienclan der Diktatoren in Saudi-Arabien, insbesondere MBS [Kronprinz Mohammad Bin Salman Al Saud], einer der größten Killer. Israel, das weit nach rechts gedriftet ist, steht jetzt im Zentrum des Geschehens. Bislang stillschweigende Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Staaten werden nun offensichtlich. Und was [Premierminister Narendra] Modi in Indien tut, ist einfach unfassbar. Er hat den totalen Lockdown, die Massenquarantäne des Landes, gerade mal vier Stunden im Voraus angekündigt. Wanderarbeiter bilden den größten Teil der arbeitenden Bevölkerung in Indien. Sie können nirgendwo hingehen. Sie können nicht zu Hause bleiben, denn es gibt kein Zuhause. Also wandern sie entlang der Highways, vielleicht tausend Meilen zu irgendeinem Dorf irgendwo, und sterben unterwegs. Unmöglich, sich vorzustellen, was das bewirken wird. Aber da sie meist arm sind, und viele von ihnen sind Muslime, wen kümmert das? Modi ist also auch ein wichtiges Mitglied dieser reaktionären Internationale. Alles nette Typen wie Orbán in Ungarn oder so ähnlich. Die Bosse lieben sie.

Hinzu kommt Matteo Salvini, der ehemalige stellvertretende Ministerpräsident in Italien, einer der schlimmsten Verbrecher überhaupt. In der westlichen Hemisphäre ist der herausragende Repräsentant dieser reaktionären Internationale [Präsident Jair] Bolsonaro in Brasilien. Er wetteifert mit Trump, wer der schlimmste Verbrecher der Welt sein könne. Trump kann ihn wegen der Macht der USA leicht schlagen, aber ihre Politik unterscheidet sich nicht groß voneinander, und das schadet nicht nur Brasilien, sondern der ganzen Welt. Aktuelle Prognosen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften gehen davon aus, dass sich der Amazonas in etwa 15 Jahren von einer natürlichen Kohlenstoffsenke[10] zu einem echten CO2-Emittenten entwickeln wird. Das ist eine Katastrophe. All dies ist das Ergebnis großzügiger Geschenke Bolsonaros an die Bergbauindustrie, an die Agrarindustrie, eben an all seine Freunde. Es gibt also Leute, die versuchen, eine andere Welt zu schaffen. Sie arbeiten hart. Das tun sie immer. Ihr unerbittlicher, beständiger Klassenkampf nimmt kein Ende, und wenn man ihnen erlaubt zu gewinnen, sind wir erledigt.

Sie haben in diesem Zusammenhang gesagt, dass es wirklich Sinn macht, die Wirtschaftspresse zu lesen, weil dort oft sehr offen darüber berichtet wird, was die Bosse von der Welt halten und was sie tun, was ihre Pläne und Programme sind. Aus unserer Sicht gibt es derzeit in den Vereinigten Staaten viele Aktivitäten der breiten Masse. An vielen Orten finden Streiks statt. Die Arbeiterschaft organisiert sich als Reaktion auf das Coronavirus und auf die Forderung der Arbeitgeber, unter unsicheren Bedingungen zu arbeiten. Reden die Arbeitgeber darüber und macht ihnen das Sorgen?

Oh, Boy, und ob sie das tun. Wie Du weißt, treffen sich die Jungs, die sich bescheiden die Masters oft the Universe nennen, jedes Jahr im Januar in Davos in der Schweiz, um Ski zu fahren, um darüber zu sprechen, was für dufte Typen sie sind, und so weiter und so fort. Ihr Treffen in diesem Januar war sehr interessant. Sie sehen, wie die Bauern mit den Mistgabeln kommen, und das macht ihnen Sorgen. Da hat sich was verändert. Schau Dir das Thema des Treffens an, es lautet: „Ja, wir haben in der Vergangenheit schlimme Dinge getan. Das verstehen wir jetzt. Wir eröffnen nun eine neue Phase des Kapitalismus, eine neue Ära, in der wir uns nicht nur um die Aktionäre kümmern, sondern auch um die Arbeiter und die Bevölkerung insgesamt, und wir sind so gute Jungs, so humanistisch, dass Ihr uns Euer Vertrauen schenken können. Wir werden dafür sorgen, dass alles bestens geregelt sein wird.“

US-Präsident Donald Trump auf dem Gipfeltreffen des Weltwirtschaftsforums in Davos/Schweiz am 22. Januar 2020.

Und es war ziemlich interessant zu sehen, was passiert ist. Es gab zwei Hauptredner. Das sollte in jedem Klassenzimmer des Landes gezeigt werden. Zwei Hauptredner. Trump hielt natürlich die Hauptrede. Die andere Rede wurde von Greta Thunberg gehalten. Der Kontrast war fantastisch. Die erste Rede hält dieser tobende Clown, der seine Gier herausbrüllt, und man schafft es nicht einmal mehr die Zahl seiner Lügen zu zählen. Die zweite Rede kommt von einem 17-jährigen Mädchen, das still und leise eine sachliche, genaue Beschreibung dessen abgibt, was in der Welt geschieht, und die diesen Jungs ins Gesicht schaut und sagt: „Ihr zerstört unser Leben.“ Und natürlich klatschen alle höflich Beifall. Nettes kleines Mädchen. Geh wieder zur Schule.

Die Reaktion auf Trump war besonders interessant. Sie mögen ihn nicht. Seine Vulgarität und Grobheit stören das Bild, das sie als engagierte Humanisten vermitteln wollen. Aber sie lieben ihn. Sie spendeten ihm stehenden Applaus und konnten nicht aufhören zu jubeln. Weil sie etwas verstehen. Dieser Kerl, egal wie vulgär er ist, weiß sehr gut, wessen Taschen er füllen muss und wie er sie füllen kann. Also kann er ein Clown sein. Wir tolerieren seine Possen, solange er mit der Politik weitermacht, die zählt. Das sind die Männer von Davos.

Sie haben sich nicht einmal die Mühe gemacht darauf hinzuweisen, dass wir diese Melodie schon einmal gehört haben. Damals in den 1950er Jahren lief sie unter dem Titel das beseelte Unternehmen („soulful corporation“)[11]. Unternehmen sind inzwischen gefühlvoll geworden. Jetzt strotzen sie nur noch so vor Freundlichkeit für die arbeitenden Menschen und alle anderen. Es ist eine neue Ära angebrochen. Nun, wir hatten etwas Zeit um zu sehen, wie gefühlvoll sie waren, und das wird sich fortsetzen.

Entweder fallen wir auf diesen Schwindel herein und lassen sie damit durchkommen, oder Du kannst Dich wehren und eine andere Welt schaffen. Dafür ist jetzt eine sehr gute Gelegenheit. Die Streiks, die Du erwähnt hast, Proteste auf der ganzen Welt. Es bilden sich lokale Selbsthilfegruppen in den Nachbarschaften, in den armen Stadtvierteln, man sieht Leute, die sich gegenseitig helfen und versuchen, etwas für die alten Menschen zu tun, die eingesperrt sind. Einige dieser Initiativen sind erstaunlich.

Schauen wir nach Brasilien, wo der Präsident einfach eine Monstrosität ist. Für ihn ist die ganze Pandemie nur eine Grippe. Die Brasilianer sind immun gegen Viren. Wir sind besondere Menschen und so weiter und so fort. Die Regierung tut nichts. Einige der Gouverneure schon, aber nicht die Bundesregierung. Am schlimmsten wird es, wie überall, in den Slums, in den verarmten Gebieten, in den indigenen Gebieten sein. In den schlimmsten Slums wie den Favelas in Rio ist die Idee, sich alle paar Stunden die Hände zu waschen, etwas schwierig zu realisieren, wenn man kein Wasser hat, oder wie soll man Abstand voneinander halten, wenn man eng in einem Raum zusammengepfercht lebt. Doch da erscheint eine Gruppe, die den Versuch unternimmt, unter diesen schrecklichen Bedingungen so gut wie möglich vernünftige Standards durchzusetzen. Und wer ist das? Es sind die kriminellen Banden, die die Favelas terrorisiert haben. Sie sind so mächtig, dass die Polizei Angst hat dort hineinzugehen. Sie haben sich organisiert, um mit der Gesundheitskrise fertig zu werden.

Das sagt einem etwas, ebenso wie die Krankenschwestern, die an vorderster Front stehen. Es gibt dort menschliche Ressourcen, und sie können an einigen Stellen in Erscheinung treten, wo man sie am wenigsten erwarten würde. Nicht aus dem Unternehmenssektor, nicht von den Reichen, nicht von den beseelten Unternehmen. Sicherlich nicht von den Regierungen, insbesondere nicht von pathologischen wie dieser, mit der wir es zu tun haben. Anderen geht es besser. Aber das geschieht durch das Handeln des Volkes selbst, das ist die Hoffnung.

Sanders betonte dies in seiner Rückzugsrede[12]. Er sagte, dass die Kampagne vielleicht zu Ende geht, die Bewegung aber nicht. Es liegt nun vor allem an seinen jungen Anhängern, sich dafür einzusetzen, dass diese Hoffnung Wirklichkeit wird. Ganz gleich, was passiert. Wenn Trump wiedergewählt wird, dann ist das eine schreckliche Tragödie. Wenn Biden gewählt wird, wird es auch nicht gerade wundervoll werden. Aber so oder so muss man tun, was möglich ist, und das zumindest ist nicht unmöglich.

Glauben Sie, dass die meisten Menschen nach der Quarantäne mit veränderten oder mit unveränderten politischen Meinungen aus ihren Wohnungen herauskommen werden?

Wir werden sehen. Es ist sicherlich eine Zeit des Nachdenkens über die Art von Dingen, über die wir gerade gesprochen haben. Warum sind wir in dieser Situation? Das, worüber wir gerade sprachen, ist nicht tiefgreifend. Es ist oberflächlich. Es ist keine Quantenphysik. Denkt ein wenig darüber nach. Es ist offensichtlich. Vielleicht machen es die Menschen, oder sie lassen sich weiter von dem Hochstapler im Amt hypnotisieren. Ich bekomme Briefe von Leuten, armen Arbeitern, die sagen: „Ihr gottverdammten Liberalen bringt all die Einwanderer dazu, uns unsere Jobs zu stehlen, und Trump rettet uns.“ Okay. Aber vielleicht ist es doch möglich, sie zu erreichen. Doch leicht ist das nicht.

Diese Leute haben den ganzen Tag Fox News[13] zu laufen. Das ist der Echoraum, in dem sie sich befinden. Wenn man sich das aus dem Weltraum anschauen und nicht selber darunter leiden würde, dann denkt man doch: Was ist denn da los? Dieser Verrückte im Weißen Haus kommt raus und sagt, was auch immer er sagen will. Am nächsten Tag sagt er das genaue Gegenteil. Das wird dann mit Inbrunst im Echoraum von Fox News wiederholt. Am nächsten Tag sagt er das Gegenteil, es geschieht das Gleiche. In der Zwischenzeit schaut er sich jeden Morgen Fox News an, um herauszufinden, was er sagen soll. Es ist seine Quelle für Nachrichten und Informationen. Und dann gibt es da noch die intelligenten Typen wie Mike Pompeo, der sagt: „Gott schickte Trump auf die Erde, um Israel vor dem Iran zu retten.“ Das ist der besonnene Typ. Es ist ein ironischer Gag, der hier aufgeführt wird. Nehmen wir mal an, es gibt einen Gott, wer weiß, vielleicht. Wenn ja, dann hat er beschlossen, dass er am sechsten Tag einen schlimmen Fehler gemacht hat, und er beendet ihn jetzt mit Humor. Schaut einfach zu, wie diese Menschen sich selbst zerstören. So ist das.

Besteht die Chance, dass die Vereinigten Staaten eine Kultur der Solidarität und eine Arbeitsmarktpolitik entwickeln könnten, wie das in Großbritannien nach dem Zweiten Weltkrieg geschehen ist, die zu so etwas wie dem National Health Service (NHS)[14] führen könnte, der all diese Marktdefizite berücksichtigt und die Ineffizienzen und Komplikationen anerkennt, die entstehen, wenn man miteinander konkurriert anstatt Ressourcen zu koordinieren? Ist es für die Vereinigten Staaten möglich, sich in diese Richtung zu bewegen?

Sicher, wir haben es ja schon einmal getan. Ich habe die Zeit der Wirtschaftsdepression durchlebt. Deshalb habe ich auch diesen langen weißen Bart. Aber in den 1920er Jahren wurde die Arbeiterbewegung völlig zerschlagen. Werfen Sie einen Blick auf David Montgomery, einen Historiker der Arbeiterbewegung, eines seiner großen Bücher ist The Fall of the House of Labor[15]. Er spricht darin über die 20er Jahre. Damals wurde die Arbeiterbewegung von der liberalen Regierung unter [Präsident Woodrow] Wilson zerschlagen, die Periode des Red Scare[16] und all das, was ihr folgte. Doch in den 30er Jahren ging es wieder los. Der CIO[17] organisierte Sitzstreiks. Große Bedrohung für das Management, Sitzstreik, die Arbeiter sitzen dort und stehen nicht auf. Das Nächste, was sie zu hören bekommen, ist: „Wir brauchen die Bosse nicht. Wir können den Laden selber führen.“ Und das war’s dann gewesen. Es ist ein sehr zerbrechliches System. Nun, und das führte zu Reaktionen. Es gab zufällig eine wohlwollende Administration, was kritisch ist. Erik Loomis, ein sehr guter Historiker der Arbeiterbewegung, hat Fall für Fall dieser Entwicklung untersucht, und er zeigt auf, dass die Momente, in denen es positive Veränderungen gegeben hat, fast immer von einer aktiven Arbeiterbewegung geprägt wurden und dass diese auch nur dann erfolgreich war, wenn es eine relativ verständnisvolle Administration gegeben hat, zumindest eine tolerante.

Nun, das gibt es jetzt eigentlich nicht. Aber wenn Biden ins Spiel käme, wäre das zwar nicht großartig, doch man könnte ihn in die richtige Richtung drängen. Wenn die Arbeiterbewegung wiederauflebt, die Sanders-Bewegung, die sehr bedeutend ist, er hat große Erfolge erzielt, wenn also diese Bewegung an Fahrt gewinnen könnte, dann könnte es sein, dass es uns gelingt, wieder einmal aus den kapitalistischen Krisen herauszukommen, wie das in den 30er Jahren geschehen ist.

Der New Deal hat die Depression nicht beendet, sondern es war der Krieg mit massiver staatlich gelenkter Produktion, aber es war trotzdem viel besser als heute. Ich bin alt genug, um mich daran zu erinnern, und meine Familie, die Großfamilie, das waren überwiegend Arbeiter der ersten Generation, zumeist Arbeitslose, die in einer Armut lebten, die viel schlimmer ist als die, welche die heutige Arbeiterklasse erleidet. Aber es gab Hoffnung. Es gab keine Abgründe der Verzweiflung. Es gab kein Gefühl, dass sich die Welt ihrem Ende nähert. Die Stimmung war: „Irgendwie werden wir gemeinsam aus dieser Situation herauskommen, indem wir zusammenarbeiten. Einige von ihnen waren in der Kommunistischen Partei, andere in den Gewerkschaften. Ich hatte ein paar Tanten, die arbeitslose Näherinnen waren, aber sie waren in der ILGWU [International Ladies' Garment Workers' Union], die ihnen ein Leben, ein kulturelles Leben ermöglichte, Treffen und Veranstaltungen, eine Woche auf dem Land, Theateraktivitäten, die durchgeführt wurden.

Du kannst etwas tun. Wir halten zusammen. Wir kommen da raus. Das könnte wiederbelebt werden.


Die Veröffentlichung des Interviews erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Labor Notes. Die Übersetzung aus dem Amerikanischen wurde von Jochen Schmück vorgenommen, der die deutsche Fassung zum besseren Verständnis des Interviews noch mit ergänzenden Anmerkungen (in Fußnoten) versehen hat. Die in eckigen Klammern im Text des Interviews eingefügten Ergänzungen (zumeist von Personennamen) stammen von Chris Brooks, der für Labor Notes das Interview mit Chomsky führte.



Anmerkungen

  1. Die Centers for Disease Control and Prevention (Zentren zur Kontrolle und Verhütung von Krankheiten) sind eine Behörde des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums, die in 49 Bundesstatten der USA Außenstellen unterhält und in etwa vergleichbar ist mit dem Robert-Koch-Institut in Deutschland.
  2. Milton Friedman war ein US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler, der grundlegende Arbeiten auf den Gebieten der Makroökonomie, der Mikroökonomie, der Wirtschaftsgeschichte und der Statistik verfasste. Neben John Maynard Keynes gilt Friedman als der einflussreichste Ökonom des zwanzigsten Jahrhunderts. Friedman betrachtete sich selbst als klassischen Liberalen und hob in seinen Schriften besonders die Vorteile eines freien Marktes und die Nachteile staatlicher Eingriffe hervor. In seinem Bestseller Kapitalismus und Freiheit (1962) forderte er die Minimierung der Rolle des Staates, um politische und gesellschaftliche Freiheit zu fördern.
  3. Die United States Agency for International Development (USAID) ist eine US-Behörde für die internationale Zusammenarbeit in der Entwicklungshilfe, die insbesondere in Lateinamerika, Asien und dem Nahen Osten, in Afrika (mit Schwerpunkt Kenia) und in einigen Transformationsländern Eurasiens und Europas tätig ist. Präsident Trump warf der USAID in seinem Haushaltsentwurf 2019 Ineffektivität vor und drohte, unter Umgehung des Kongresses, das Budget für das Jahr 2020 um 2 bis 7 Mrd. US-Dollar zu kürzen, da für ihn die Grenzsicherung an der mexikanischen Grenze Vorrang habe.
  4. Die United States Environmental Protection Agency (EPA) ist eine unabhängige Bundesbehörde der USA für den Umweltschutz sowie zum Schutz der menschlichen Gesundheit. Unter Trump, der bereits im Wahlkampf angekündigt hatte, die EPA-Umweltschutzmaßnahmen zu reduzieren, wurde die EPA stark verkleinert und in eine wirtschaftsfreundliche Behörde verändert, um der umweltpolitischen Kehrtwende der Trump-Regierung Rechnung zu tragen.
  5. Als die Ära der Reconstruction wird in den USA die vom Sezessionskrieg (1861–1865) bis 1877 währende Phase bezeichnet, in der die 1860/61 aus den Vereinigten Staaten ausgetretenen Südstaaten wieder in die Union aufgenommen wurden. Die Reconstruction sorgte unter anderem auch für die Befreiung der Sklaven, die 1867 erstmals auch wählen konnten.
  6. Gemeint ist das 2008 erschienene Buch Slavery by Another Name: The Re-Enslavement of Black Americans from the Civil War to World War II von Douglas A. Blackmon, das 2009 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde.
  7. Der Begriff Chain Gang bezeichnet Arbeitsgruppen von Gefangenen, die als besondere Form der Bestrafung aneinander gekettet Arbeiten außerhalb von Gefängnissen, so im Straßenbau oder in der Abfallbeseitigung, ausführen mussten.
  8. Levittown bezeichnet Vorstadtsiedlungen in den USA, die von William Levitt und seiner Firma Levitt & Sons ab Ende der 1940er Jahre gebaut wurden. Charakteristisch ist für diese Siedlungen, die überwiegend von Weißen bewohnt wurden, ihr uniformes Erscheinungsbild. Im Standard-Mietvertrag der ersten Häuser in Levittown war explizit festgelegt, das die Immobilie nicht von Personen genutzt werden konnte, die „nicht zur kaukasischen Rasse“ gehören, die also nicht weiß sind.
  9. Gemeint ist der amerikanische Jurist John G. Roberts, Jr., der am 29. September 2005 zum Chief Justice of the United States und damit zum Leiter der Bundesgerichte und Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten ernannt wurde. Roberts zeichnete sich vor allem durch streng konservative Urteile aus. So urteilte er zum Beispiel gegen das Recht auf Abtreibung und gegen die gleichgeschlechtliche Ehe. Vom 16. Januar 2020 bis zum 5. Februar 2020 leitete er – allerdings ohne Entscheidungsgewalt – das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump im Senat, das schließlich an der Mehrheit des von Republikanern dominierten Senats scheiterte.
  10. Als Kohlenstoffsenke wird in den Geowissenschaften ein natürliches Reservoir bezeichnet, das – wie der Amazonas-Regenwald – Kohlenstoff aufnimmt und speichert. Kohlenstoffsenken sind für das globale Klima wichtig, weil sie das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre aufnehmen und damit den Treibhauseffekt abschwächen.
  11. Das Konzept der „soulful corporation“ (des „beseelten Unternehmens“) wurde 1957 von dem US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler und Regierungsberater Carl Kaysen entwickelt, der zu dieser Zeit an der Harvard University lehrte. Seinem Konzept der „soulful corporation“ zufolge sollte in Unternehmen die Hauptaufgabe des Managements darin bestehen, einen fairen Ausgleich zwischen den Ansprüchen verschiedener, direkt betroffener Interessengruppen wie Aktionären, Beschäftigten, Kunden und der gesamten Öffentlichkeit herstellen.
  12. Gemeint ist die Rede von Bernie Sanders, die der linke Senator aus Vermont am 8. April 2020 in einem Livestream im Internet hielt, in der er bekannt gab, dass er aus dem Rennen der Demokraten um die US-Präsidentschaftskandidatur aussteigen werde. Damit machte er den Weg frei für seinen parteiinternen Konkurrenten Joe Biden, der nun bei der Wahl im November 2020 als Kandidat der Demokraten gegen Präsident Donald Trump antreten wird.
  13. Der seit 1996 bestehende TV-Sender Fox News Channel (kurz: Fox News) ist der meistgesehene Nachrichtensender in den USA. Der Präsident Trump nahestehende Sender ist das Sprachrohr der rechten Populisten in den USA. Was Fox News berichtet, hat einen großen politischen Einfluss, weil eine Mehrheit der konservativ-rechtsgerichteten Bevölkerung ihre Informationen über diesen Sender bezieht und ihm auch am meisten vertraut.
  14. Der National Health Service (NHS; deutsch: Nationaler Gesundheitsdienst) ist das staatlich betriebene Gesundheitssystem in Großbritannien und Nordirland, das für die medizinische Versorgung von 65,5 Millionen Menschen zuständig ist. Der 1948 von der Labour-Regierung unter Premierminister Clement Attlee gegründete Gesundheitsdienst garantiert jeder in Großbritannien wohnhaften Person die gebührenfreie medizinische Versorgung im primären (Hausarzt) und sekundären Bereich (Krankenhäuser).
  15. David Montgomery: The Fall of the House of Labor: The Workplace, the State, and American Labor Activism, 1865–1925, New York: Cambridge University Press, 1987.
  16. Der Periode des „Rote Schreckens“ war eine Phase in der Geschichte der Vereinigten Staaten zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die durch eine in weiten Teilen der amerikanischen Bevölkerung verbreitete Furcht vor Bolschewismus und Anarchismus gekennzeichnet war. Zu den realen historischen Ereignissen, die mit zu dieser Furcht beigetragen haben, gehörten die Russische Revolution, aber auch von Anarchisten verübte Attentate.
  17. Der CIO (Congress of Industrial Organizations) war ein Gewerkschaftsbund, der überwiegend die ungelernte Industriearbeiterschaft in Nordamerika organisierte. Der CIO, der Mitglieder vor allem in den USA und Kanada hatte, übte seinen stärksten Einfluss während der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre mit ihren großen Streiks aus.

Vorabveröffentlichung aus espero - Libertäre Zeitschrift; Nr. 2 (Dezember 2020) | s.a. Call for Papers: Die Corona-Krise und die Anarchie