Jörg-Anselm Asseyer - Gedenkseite: Unterschied zwischen den Versionen
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Ich habe Jörg-Anselm Asseyer Ende der 1970er Jahre im Umfeld des Karin Kramer Verlages kennengelernt als ich mit meinem Freund Rolf Raasch und meinen beiden Brüdern Christian und Thomas den [http://www.libertadverlag.de Libertad Verlag] aufgebaut habe. Er hat uns damals als Buchhändler beim Vertrieb unserer ersten Verlagspublikationen sehr unterstützt. Aber auch persönlich hat er mich als gewissenhafter Korrektor meiner 1986 an der FU Berlin im Fachbereich Kommunikationswissenschaften/Publizistik eingereichten [http://ur.dadaweb.de/dada-l/L0000788.shtml Magisterarbeit über den deutschsprachigen Anarchismus und seine Presse] unterstützt, welche den Grundstock für das später entstandene Projekt „Datenbank des deutschsprachigen Anarchismus (DadA)“ bildete. | Ich habe Jörg-Anselm Asseyer Ende der 1970er Jahre im Umfeld des Karin Kramer Verlages kennengelernt als ich mit meinem Freund Rolf Raasch und meinen beiden Brüdern Christian und Thomas den [http://www.libertadverlag.de Libertad Verlag] aufgebaut habe. Er hat uns damals als Buchhändler beim Vertrieb unserer ersten Verlagspublikationen sehr unterstützt. Aber auch persönlich hat er mich als gewissenhafter Korrektor meiner 1986 an der FU Berlin im Fachbereich Kommunikationswissenschaften/Publizistik eingereichten [http://ur.dadaweb.de/dada-l/L0000788.shtml Magisterarbeit über den deutschsprachigen Anarchismus und seine Presse] unterstützt, welche den Grundstock für das später entstandene Projekt „Datenbank des deutschsprachigen Anarchismus (DadA)“ bildete. | ||
+ | [[Datei:Hiebe unter die Haut 1984.jpg|thumb|right|350px|Der 1984 im Karin-Kramer-Verlag erschienene Sammelband "Hiebe unter die Haut", in dem eine libertäre Marximsuskritik formuliert wurde. Neben Beiträgen von Hansjorg Viesel, Bernd Kramer und H. D Heilmann nthält das Buch von Jörg-Anselm Asseyer den Beitrag "Dem Marxismus eine Gasse? Über die Unzulänglichkeiten des paulinischen Marxismus".]] | ||
Wir haben uns dann allmählich aus den Augen verloren. Nur einmal noch habe ich ihn - ich meine entweder kurz vor oder nach der Jahrtausendwende - getroffen, als ich ihn mit meiner Lebensgefährtin Angelika besucht habe, um einige Kisten mit undogmatisch linken bzw. anarchistischen Zeitschriften bei ihm abzuholen, die er dem Archiv des DadA-Projektes schenken wollte. Er lebte damals in einer sehr kleinen Parterrewohnung in einer Seitenstraße des Hermannplatzes in Berlin-Neukölln und er bereitete sich auf das Rentenalter vor. Wir haben von den alten Zeiten geredet als wir noch jung und voller Hoffnung gewesen waren. Er erzählte uns von seinem Stress mit dem Arbeitsamt und wie er sich sein Leben als Rentner vorstellte, aber auch von seiner Leidenschaft für klassische Musik und wie sehr er seine regelmäßigen Besuche von Konzerten klassischer Musik genoss. | Wir haben uns dann allmählich aus den Augen verloren. Nur einmal noch habe ich ihn - ich meine entweder kurz vor oder nach der Jahrtausendwende - getroffen, als ich ihn mit meiner Lebensgefährtin Angelika besucht habe, um einige Kisten mit undogmatisch linken bzw. anarchistischen Zeitschriften bei ihm abzuholen, die er dem Archiv des DadA-Projektes schenken wollte. Er lebte damals in einer sehr kleinen Parterrewohnung in einer Seitenstraße des Hermannplatzes in Berlin-Neukölln und er bereitete sich auf das Rentenalter vor. Wir haben von den alten Zeiten geredet als wir noch jung und voller Hoffnung gewesen waren. Er erzählte uns von seinem Stress mit dem Arbeitsamt und wie er sich sein Leben als Rentner vorstellte, aber auch von seiner Leidenschaft für klassische Musik und wie sehr er seine regelmäßigen Besuche von Konzerten klassischer Musik genoss. | ||
Version vom 28. Januar 2017, 17:13 Uhr
Jörg-Anselm Asseyer ist tot
Am 7. Januar 2017 ist unser Freund und Weggefährte Jörg-Anselm Asseyer im Alter von 69 Jahren an einer Hirnblutung gestorben. Asseyer, geb. am 30. März 1948 in Berlin, hat seit Ende der 1960er Jahren als Autor, Übersetzer, Lektor und Buchhändler zahlreiche Projekte der neuen anarchistischen bzw. antiautoritären linken Bewegung unterstützt.
Sein Tod macht uns traurig.
Jochen Schmück
Wer seine Erinnerungen an Jörg-Anselm Asseyer mit uns teilen möchte, kann sie auf der Diskussions-Seite veröffentlichen. Wir übernehmen dann die Texte hier auf die Jörg-Anselm Asseyer-Gedenkseite.
Falls jemand Probleme mit dem Schreiben auf der Diskussions-Seite haben sollte, der kann uns seinen Text und gerne auch Fotos zur Veröffentlichung auf der Gedenkseite per E-Mail schicken an: redaktion@dadaweb.de.
Jochen Schmück
Redaktion DadAWeb.de
Erinnerungen an Jörg-Anselm Asseyer. Von Jochen Schmück
Dieser Tage habe ich erfahren, dass am 7. Januar 2017 Jörg-Anselm Asseyer gestorben ist. Er war niemand, der sich in den Vordergrund gedrängt hat, aber er hat seit Ende der 1960er Jahren als Autor, Übersetzer, Lektor und Buchhändler zahlreiche Projekte der neuen anarchistischen bzw. antiautoritären linken Bewegung unterstützt.
Geboren wurde Jörg-Anselm Asseyer in Berlin am 30. März 1948 als zweites von neun Kindern der protestantischen Pfarrerfamilie von Klaus und Marianne Asseyer. Nach dem Abschluss seines Abiturs 1967 auf einem altsprachlichen Gymnasium studierte er an der Freien Universität Berlin Geschichte und Politik.
Sein Studium fiel in die Zeit als die antiautoritäre Studentenrevolte in West-Berlin ihren Höhepunkt erlebte. Jörg-Anselm schloss zwar 1973 das Studium mit dem 1. Staatsexamen und einem anschließendem einjährigem Studienreferat ab, jedoch Lehrer wollte er nicht werden. Stattdessen war er ab Mitte der 1970er Jahre bis 1982 in Westberlin in verschiedenen linken Projekten aktiv, so in dem von einem Kollektiv betriebenen Buchladen "Das Politische Buch" am Savignyplatz, der zu der Zeit einer der wenigen linken Buchläden in der Westberliner Innenstadt gewesen ist. Als Übersetzer, Lektor und Autor unterstützte er einige libertäre Verlage, so den Karin Kramer Verlag, den Verlag der Mackay-Gesellschaft und auch den Verlag Büchse der Pandora. Doch einen Lebensunterhalt konnte er mit diesen Tätigkeiten schlecht bestreiten. Deshalb war er ab Mitte der 1980er Jahre – zumeist im Rahmen von ABM-Jobs – u.a. als Archivar, Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter in kommunalen oder auch kirchlichen Einrichtungen tätig.
Ich habe Jörg-Anselm Asseyer Ende der 1970er Jahre im Umfeld des Karin Kramer Verlages kennengelernt als ich mit meinem Freund Rolf Raasch und meinen beiden Brüdern Christian und Thomas den Libertad Verlag aufgebaut habe. Er hat uns damals als Buchhändler beim Vertrieb unserer ersten Verlagspublikationen sehr unterstützt. Aber auch persönlich hat er mich als gewissenhafter Korrektor meiner 1986 an der FU Berlin im Fachbereich Kommunikationswissenschaften/Publizistik eingereichten Magisterarbeit über den deutschsprachigen Anarchismus und seine Presse unterstützt, welche den Grundstock für das später entstandene Projekt „Datenbank des deutschsprachigen Anarchismus (DadA)“ bildete.
Wir haben uns dann allmählich aus den Augen verloren. Nur einmal noch habe ich ihn - ich meine entweder kurz vor oder nach der Jahrtausendwende - getroffen, als ich ihn mit meiner Lebensgefährtin Angelika besucht habe, um einige Kisten mit undogmatisch linken bzw. anarchistischen Zeitschriften bei ihm abzuholen, die er dem Archiv des DadA-Projektes schenken wollte. Er lebte damals in einer sehr kleinen Parterrewohnung in einer Seitenstraße des Hermannplatzes in Berlin-Neukölln und er bereitete sich auf das Rentenalter vor. Wir haben von den alten Zeiten geredet als wir noch jung und voller Hoffnung gewesen waren. Er erzählte uns von seinem Stress mit dem Arbeitsamt und wie er sich sein Leben als Rentner vorstellte, aber auch von seiner Leidenschaft für klassische Musik und wie sehr er seine regelmäßigen Besuche von Konzerten klassischer Musik genoss.
Danach habe ich ihn nicht mehr getroffen. Dass er noch lebte und auch noch in libertären Kreisen aktiv war, habe ich nur noch dadurch gesehen, dass ich gelegentlich über seinen Namen als Übersetzer in libertären Veröffentlichungen (wie z.B. in den von Wolfgang Eckhardt herausgegebenen „Ausgewählten Schriften“ von Michail Bakunin) gestolpert bin.
Nach Auskunft seiner Schwester Gundula hat es Jörg-Anselm Asseyer in seinem Leben gesundheitlich schwer gehabt, weil er unter der Erbkrankheit Neurofibromatose litt, die sich in seinen letzten Lebensjahren zunehmend verschlimmerte. Wegen seines schlechten Gesundheitszustandes musste er seine letzten beiden Jahre in einem Pflegeheim verbringen. Gestorben ist er am 7. Januar 2017 im Alter von 69 Jahren an einer Gehirnblutung.
Ich habe Jörg-Anselm Asseyer als einen überaus liebenswerten, sensiblen und hilfsbereiten Menschen erlebt, und ich bin traurig zu erfahren, dass er von uns gegangen ist.
Jochen Schmück
Potsdam, den 28. Januar 2017